New York, das ist die Stadt, die niemals schläft und die nachts genauso geschäftig ist wie tagsüber. Hier ist der Mensch das Maß aller Dinge, so scheint es auf den ersten Blick. Doch wer eine feinere Antenne für Zwischentöne hat, den erreichen bald ganz andere Schwingungen. Wenn ein kühler Wind durch die engen Straßenschluchten zwischen den Wolkenkratzern zieht, kann man das Flüstern der uralten Legenden von denen hören, die schon lange vor den Menschen hier waren. Eine verborgene Macht durchzieht die Stadt. Sie ist wild, sie ist ungezügelt und sie durchbricht die unsichtbare Grenze zwischen der vertrauten Normalität und dem urzeitlichen Drang des Unbekannten.
Zwischen dem Wispern der Blätter im Central Park und den unermüdlichen Geräuschen des Stadtlebens kommt eine Dunkelheit zum Vorscheinen, eine Intelligenz, die sowohl animalisch als auch zutiefst menschlich ist. In den verlassenen U-Bahn-Tunneln, den verwinkelten Gassen von Greenwich Village und den Mond beschienen Ecken der Slums von Hunts Point und Mott Haven verschmilzt die Legende der ungezähmten Kreatur mit dem urbanen Gewebe der Stadt. Das ist die Welt der Werwölfe.
Die Werwölfe sind nicht nur Überbleibsel einer verdrängten Mythologie, sie sind vor allem lebendige Zeugen einer Welt, die jenseits des Verstandes in der Parallelität existiert, der Zwischenwelt.
Die Legende der Werwölfe lässt sich bis in die Antike zurückverfolgen. In den dunklen Wäldern und ungezähmten Landschaften Europas lebten Männer und Frauen, die durch einen Pakt mit den Göttern oder dunklen Mächten die Fähigkeit erhielten, sich in Wölfe zu verwandeln. Diese Kreaturen wurden oft als Wächter der Natur angesehen und wurden in Mythologien verehrt, doch auch gefürchtet. Ihre Macht war unbestreitbar, und viele Stämme betrachteten sie als spirituelle Führer.
Doch der Ruf der Werwölfe wandelte sich im Mittelalter dramatisch. Als Aberglaube und religiöse Furcht die Gesellschaften prägten, wurden Werwölfe zu Opfern von Verfolgung und Vertreibung. Geschichten von grausamen Prozessen durchzogen Europa, und viele Unschuldige wurden fälschlicherweise beschuldigt, mit dem Teufel im Bund zu sein. Die Menschen glaubten, dass die Werwölfe ihre übernatürlichen Kräfte ausschließlich zum Schaden aller aufrechten und gottesfürchtigen Christen einsetzten. In dieser Zeit wurden sie oft als Albtraum und Bedrohung für die Dorfgemeinschaft betrachtet, was zu einem tief verwurzelten Hass führte. Und wie so oft in der Geschichte der Menschheit entwickelten die verfolgten Kreaturen bald ihrerseits einen tiefsitzenden Groll gegen ihre Peiniger. Aus Tätern werden Opfer, und aus Opfern werden Täter in einem ewigen Kreislauf.
Im 18. und 19. Jahrhundert begannen die ersten europäischen Einwanderer, vor allem aus Deutschland und England, nach Amerika zu ziehen. Mit ihnen kamen auch die Werwölfe in die Neue Welt und trafen dort zu ihrer eigenen Überraschung auf Artverwandte. Denn schon vor den Europäern waren mit den Wikingern vergleichbare Wesen über den großen Teich gekommen. Und diese Nachfahren von Sigmund und Sinfjötli, und Kinder von Fenrir, dem Wolfssohn von Loki, hatten sich schon bald mit den Wolfwesen der indianischen Gestaltwandler gepaart. Und als jetzt auch noch die neuen europäischen Werwölfe hinzustießen, entstand eine ganz neue Art von Wolfswandlern: The American Werewolf.
Im frühen 20. Jahrhundert, mit dem Aufstieg von Metropolen wie New York, wanderten auch die amerikanischen Werwölfe in die Schatten der urbanen Landschaften. Hier passten sie ihre Lebensweisen an die moderne Welt an. Sie existieren verborgen unter den Menschen, oft als normale Bürger getarnt, können jedoch in Sekunden zu ihren animalischen Formen zurückkehren. In den pulsierenden Städten entwickeln sie enge Gemeinschaften und organisieren sich in Rudeln, die Traditionen und moderne Werte miteinander verbinden.
Wolfswandler fühlen sich tief mit der Natur verbunden, auch in ihren neuen urbanen Umgebungen. Sie sind dazu in der Lage, sich schnell an Veränderungen in ihrem Umfeld anzupassen und nutzen die Elemente ihrer Umgebung, um in der menschlichen Gesellschaft unentdeckt leben zu können.
Der American Werewolf besitzt außergewöhnliche Stärke. Zudem verfügt er über Sinnesorgane, die es ihm ermöglichen, nahezu lautlos und unbemerkt zu agieren. Diese Fähigkeiten machen ihn zu einem effektiven Jäger, sowohl im physischen als auch im metaphorischen Sinn.
Trotz ihrer (oftmals zerstörerischen) animalischen Natur haben viele Werwölfe einen engen Ehrenkodex. Dieser Kodex umfasst Loyalität gegenüber ihren Rudeln sowie das Bemühen, ihre Identität geheim zu halten. Wolfswandler haben oft mit inneren Konflikten zu kämpfen. Der Drang nach Wildheit und Instinkt steht im Widerspruch zu ihrem menschlichen Verstand und ihren ethischen Überzeugungen.
Die Historie der Werwölfe zeigt, wie über Jahrhunderte hinweg Mythen und Legenden nicht nur die menschliche Vorstellung von diesen Kreaturen bestimmt haben. Sie haben auch die Werwölfe selbst verändert. In modernen Städten wie New York leben diese Wesen aus der Zwischenwelt verborgen unter den Menschen und als Sinnbild für die ewige Dualität: das Streben nach Zivilisation einerseits, den Drang nach wildem Instinkten andererseits. Wer vom hohen Ross seiner vermeintlichen menschlichen Überlegenheit herabsteigt, der erkennt im Werwolf sein Spiegelbild.
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